Stellungnahme des Deutschen Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG)

Stellungnahme des Deutschen Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG)

Im Zuge des Artikels „Der Weg zum präventiven Restrukturierungsrahmen“ berichtete ACTUM über ausgewählte Aspekte des Referentenentwurfs (vom 19.09.2020) sowie des Gesetzentwurfes (vom 14.10.2020) zum SanInsFoG, indem im Artikel 1 auch der Entwurf zu einem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) veröffentlicht wurde. 

Im Zuge der 997. Sitzung des Bundesrates am 27.11.2020 wurde beschlossen, zum o.a. Gesetzentwurf Stellung zu nehmen.

Im vorliegenden Artikel sollen ausgewählte Aspekte dieser Stellungnahme des Bundesrates (Drucksache 619/20; 27.11.2020) beleuchtet werden.

Allgemeine Anmerkungen zum Gesetzentwurf des Bundesrates

Grundsätzlich werden die Änderungen zum insolvenzabwendenden Sanierungsrahmen seitens des Bundesrates begrüßt, aber... 

Die Bundesregierung wird gebeten, eine valide Kosteneinschätzung des Mehraufwands der Länder vorzulegen. Dabei beruft sich der Bundesrat einerseits auf die Folgen der Corona-Pandemie bzw. der daraus entstandenen finanziellen Restriktionen und andererseits auf die im Gesetzentwurf angestrebten Ziele und Veränderungen (i.e.L. bezieht sich der Bundesrat im Zuge der Stellungnahme auf die Schaffung von neuen Restrukturierungsgerichten und dem daraus entstehenden zukünftigen (veränderten) Personalbedarf). Ohne einer solchen Kosteneinschätzung könnten aus Sicht des Bundesrates die Länder keine Einschätzung konkreter Finanz- und Haushaltsplanungen geben.

Zudem bittet der Bundesrat die Bundesregierung um Prüfung, ob der Gesetzesentwurf (StaRUG) gläubigerfreundlicher ausgestaltet werden könne. Nach Ansicht des Bundesrates wurde die bereits sehr schuldnerfreundliche Ausgestaltung der EU-Richtlinie an verschiedenen Stellen noch weiter ausgebaut und führt hierbei insbesondere die Vorschriften zu Vertragsbeendigung (vgl. §§ 51 ff. StaRUG) an. Aus Sicht des Bundesrates würde dies ggf. zu keiner konstruktiven langfristigen Zusammenarbeit führen, sondern die Beteiligten bestrebt sein, die Verträge baldmöglich zu beenden.

Zusammenfassend sind nach Ansicht des Bundesrates „noch weitreichende Änderungen am Gesetzentwurf vorzunehmen“.

Ausgewählte Anmerkungen und Begründungen des Bundesrates

Wie o.a. sind nach Ansicht des Bundesrates die Inhalte zur Vertragsbeendigung zu streichen. Diese führen lt. Stellungnahme zu schwerwiegenden Eingriffen in Vertragsverhältnisse zu Lasten der Gläubiger (dabei wird sich auch auf Gläubigerbenachteiligung bezogen). Nur im Rahmen eines eröffneten Insolvenzverfahrens sei es gerechtfertigt, derartige Eingriffe zuzulassen (und darin werden derartige Entscheidungen durch den Insolvenzverwalter unter Aufsicht des Gerichts und ggf. unter Überwachung durch den Gläubigerausschuss, getroffen). Nach Ansicht des Bundesrates bringt dies einen viel größeren wirtschaftlichen Schaden als Nutzen. Perspektive am Markt und die Restrukturierung könnten dadurch nicht dauerhaft gelingen. 

Zu den o.a. Punkten hinsichtlich der (geplanten konzentrierten) Restrukturierungsgerichte führt der Bundesrat im Zuge der Stellungnahme aus, dass sich der Personalbedarf einerseits bei Amtsgerichten der Länder erhöhe, und ggf. in den Insolvenzgerichten vermindern werde. Der Bundesrat führt aus, dass eine sachgerechte, professionelle, effiziente und ihrer rechtlichen sowie wirtschaftlichen Komplexität gerecht werdende Bearbeitung von Restrukturierungssachen nicht nur dann zu erwarten sei, wenn ein einzelnes Gericht zuständig ist, sondern auch dann, wenn mehrere oder alle Insolvenzgerichte zugleich Restrukturierungsgerichte sind, weil dies auch bisher so war. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass es in einem Oberlandesgerichtsbezirk häufig mehrere örtlich getrennte Wirtschaftsschwerpunkte gibt  und die anfallenden zukünftigen Restrukturierungssachen schwer zu prognostizieren sind.
Nach ACTUM-Einschätzung scheint der Bundesrat die Veränderung in Richtung „Konzentration bzw. Restrukturierungsgerichte“ wohl durchaus stark in Frage zu stellen und de facto ein „weiter wie bisher“ vorzuziehen.

Um Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die betroffenen Gläubiger zu erreichen, bittet der Bundesrat um klare Abgrenzung zur bestehenden Insolvenzordnung (Abstandsgebot). Dabei bezieht sich der Bundesrat auf die Zugangsvoraussetzung „drohende Zahlungsunfähigkeit“ und der damit einhergehenden, aus Sicht der Gläubiger, zu weitreichenden Konsequenzen – der Schuldner könnte ebenso Insolvenz anmelden. Diese Rechtsunsicherheit sieht der Bundesrat auch im weiteren Verlauf des Verfahrens (Stichwort: Entscheidungsermessen der befassten Gerichte; Überschuldungsprüfung im Zuge einer Fortführungsprognose und damit fehlender Nachvollziehbarkeit in welchem Verfahren man sich nun befindet; etc.).

Der Bundesrat spricht sich für eine Untersuchung aus, wie sich etwaige Verbraucherforderungen ggü. den Unternehmen auswirken bzw. wie mit diesen im Zuge des Verfahrens umgegangen wird. Im Zuge dessen wird ausgeführt, dass beispielweise eine Einbeziehung gemeinnütziger Verbraucherverbände, die im kollektiven Verbraucherinteresse tätig sind, sinnvoll sein könnte.

Nach Ansicht des Bundesrates ist die derzeit berücksichtigte Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung (Stichwort: Geschäftsleiterhaftung) als zu weitreichend anzusehen und es sollte daher eine Prüfung einer Beschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit angedacht werden. 

Im Gesetzentwurf werden in § 31 StaRUG die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (gerichtliche Planabstimmung; Vorprüfung; Vertragsbeendigung; Stabilisierung; Planbestätigung) angeführt. Nach Ansicht des Bundesrates sollte jeweils nur die mildeste Maßnahme zulasten der Gläubiger zugelassen sein, um die Sanierungsziele zu erreichen. Dies sei auch für die Gerichte sehr wichtig sein, um rechtssicher agieren zu können.

Hinsichtlich der Auswahl eines Restrukturierungsbeauftragten beschreibt der Bundesrat, dass die Bindung an Vorschlägen des Schuldners oder von Planbetroffenen, auf die (voraussichtlich) mehr als 25 Prozent des Stimmrechts entfallen, gestrichen werden soll. Nur so könne gewährleistet werden, dass kein Restrukturierungsbeauftragter eingesetzt werde, der i.e.L. die Interessen des Schnuldners oder eines einzelnen Gläubigers einbezieht.

Darüber hinaus weist der Bundesrat darauf hin, dass § 39 Abs. 5 InsO (nachrangige Insolvenzgläubiger) für staatliche Förderbanken oder eines ihrer Tochterunternehmen (nach § 290 HGB), an dem die staatliche Förderbank oder eines ihrer Tochterunternehmen beteiligt ist, und ein Darlehen gewährt, nicht anzuwenden ist. Dabei beruft sich der Bundesrat auf die derzeitigen Risiken der Erfüllung der Aufgaben der staatlichen Förderbanken (oder ihrer Tochterunternehmen) als direkter oder mittelbarer Gesellschafter, ein Darlehen zu genehmigen – es sei im Rahmen der Wirtschaftsförderung kontraproduktiv, die KfW oder die Landesförderinstitute den Regelungen über Gesellschafterdarlehen zu unterwerfen. I.w.F. würden sich die Institute wohl sehr genau überlegen, ob Kreditanträge von Unternehmen, an denen eine Beteiligung besteht, bewilligt werden (bspw. Gründerförderung mit Beteiligung im ersten Schritt und folgend etwaiger Kreditfinanzierungen).

 

 

Den ACTUM-Artikel „Der Weg zum präventiven Restrukturierungsrahmen“ finden Sie online unter https://www.actum-group.com/de/newsreader/praeventiver-restrukturierungsrahmen-richtlinie-eu-2019-1023.html

Die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 finden Sie online unter http://data.europa.eu/eli/dir/2019/1023/oj

Den Entwurf zum StaRUG finden Sie online unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_SanInsFoG.pdf;jsessionid=3E4EBE09B9B1C38E1AB99A425C998AEC.1_cid334?__blob=publicationFile&v=3

Die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwuf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG; Drucksache 619/20) vom 27.11.2020 finden Sie online unter https://www.bundesrat.de/bv.html?id=0619-20

[Simon Pitschuch, MA]

Simon Pitschuch, MA
Manager

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