Die Krise, die nicht kommt. Teil 3

Die Krise, die nicht kommt. Teil 3

 

Die Finanz- und Sanierungs-Branche spekuliert seit den ersten Tagen der Corona-Pandemie (also seit über 1 ½ Jahren), wann es endlich so weit ist: Wann kommt sie nun, die große Restrukturierungs- und Insolvenzwelle? Zu Beginn der Pandemie galt es als sicher, dass im Herbst 2020 die große Pleitewelle kommen wird. Aus Herbst 2020 wurde Winter 2020, dann das erste Quartal 2021 und schließlich die zweite Jahreshälfte 2021 ... doch bis dato ist nichts passiert. Erfahrene Banker versichern nun, dass die „Welle“ spätestens Anfang 2022 einsetzen wird. Oder doch erst 2024?

Nun, wir werden sehen.

In Anlehnung an eine bekannte Redewendung könnte man meinen, dass nicht nur angesagte Revolutionen, sondern auch angesagte Katastrophen selten stattfinden.

In Branchen wie Hotellerie, Automotive, Bau, Retail, Immobilien war sich nahezu jeder Experte sicher, dass es zu massiven Problemen kommen würde. Bis jetzt kam es aber nicht dazu. Wir wollen hier kurz das Warum aus unserer Sicht analysieren – der geneigte Leser möge unsere direkten Worte verzeihen, in unserer Profession redet man nicht lange um den heißen Brei herum:

In der Hotellerie stehen tatsächlich viele Mittelklasse-Hotels in Stadtlagen unter Druck. Es fehlen die Touristen aus Asien und Arabien und auch Kongresse finden langfristig noch immer nicht statt. Das belastet die Branche. Im Gegensatz dazu sind große 5-Stern-Ketten dermaßen finanzkräftig, dass durch die Pandemie bisher finanziell durchgetaucht werden konnte. Ein Schlüssel für die Wirtschaft Österreichs sind jedoch die unzähligen Hotels in den westlichen Bundesländern. Wie spekuliert wird, haben sich viele während der Krise saniert und die besten Jahre ihres Bestehens verbuchen können. Angestellte, kaum durch einen Betriebsrat vertreten, wurden rasch gekündigt und jene Unternehmer, die in der Vergangenheit finanztreu waren, haben den Großteil des Umsatz- und Verdienstentganges durch Subventionen und COVID-Hilfen finanziert bekommen.

Die Automotive-Industrie ist wohl die interessanteste Branche unter den genannten. Sprach man in Deutschland vor 2 bis 3 Jahren noch von einem Armageddon für die Branche und wirtschaftlichem Selbstmord auf höchstem moralischem Niveau, der auch in Österreich bis zu 50.000 Arbeitnehmern aus der Zulieferindustrie den Job kosten würde, ist man heute meilenweit von einer Krise entfernt. Die Top-Konzerne verzeichnen Traumrenditen. Glaubt man dem Handelsblatt, sponsern laut Berechnungen der Deutschen Bank-Research in Deutschland die Steuerzahler jedes Elektroauto über direkte Zuschüsse wie Kaufprämien und Rabatte bei der Kfz-Steuer im Vergleich zu vergleichbaren Verbrennern über die Nutzungsdauer des Fahrzeugs hinweg mit mehr als 15.000 oder sogar 20.000 Euro - je nach Fahrzeugklasse. Dass das steuerliche Verwöhnprogramm für die Autobranche innovationsfeindlich, ökologisch fragwürdig und sozial ungerecht, so wie manche meinen, ist, scheint egal zu sein. Aktuell liegt der Gesamtabsatz der E-Autos bei allen Neuwagen in Deutschland bei fast 23 Prozent, dies bedeutet also mehr Neuanmeldungen von E-Autos als von Diesel-PKWs.

Es scheint, als hätte die Regierung mit den Milliarden an COVID-Hilfen genau das vorerst „Richtige“ gemacht und auf Kosten der nachfolgenden Generationen eine wohl logische Restrukturierungs- und Insolvenzwelle verhindert.

Interessant allerdings wird zu beobachten sein, wie die Regierung und die angesprochenen Branchen mit der verzweifelten Suche der Unternehmer nach Mitarbeitern umgehen werden.

Wie auch immer: es bleibt spannend. In einer der der nächsten Kurzanalysen gehen wir auf Bau, Retail und Immobilien ein.

 

Mag. Markus Tischelmayer, CTE
Managing Partner Wien
+43 676 633 78 83

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